Der Weg ist noch lang

Elektromobilität: Nur mit interdisziplinärer Kooperation

21. November 2011, 11:48 Uhr | Iris Stroh
Elektromobilität aus der Sicht wichtiger Marktakteure (v.l.n.r.): Dr. Burkhard Milke/Opel, Helmut Matschi/ Continental, Ralf Milke/Volkswagen und Dr. Wolfgang Runge/VDI
© VDI

»Der Weg zur E-Mobilität ist immer noch lang - aber die beiden wichtigsten Stellschrauben stehen bereits fest«, erklärt Dr. Wolfgang Runge, Leiter des VDI-Kongresses »Elektronik im Kraftfahrzeug«. Sie lauten: interdisziplinäre Zusammenarbeit und gezielte Aus- und Weiterbildung.

Spätestens seit der diesjährigen IAA steht für Runge fest: »Um die Elektromobilität kommt niemand mehr herum.« Das hätte beispielsweise die spezielle »Halle der Elektromobilität« auf der Messe gezeigt. Ein weiterer Beweis seien aber auch die ersten Modelle auf dem Markt. Und dennoch sei der Weg zur E-Mobilität noch lang, weshalb er abermals betont: »Für die erfolgreiche und praxistaugliche Umsetzung bedarf es zwingend des Teamworks und der Zusammenarbeit - sowohl national als auch international.«

Eine gezielte Zusammenarbeit bedeutet für ihn auch, dass alle relevanten Bereiche eine gemeinsame Sprache finden müssten. Nicht ganz einfach, denn beim Thema Elektromobilität müssen die Experten aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Elektrotechnik, aus der Batterietechnik und der Chemie miteinander sprechen, und zwar so, dass sie sich auch verstehen. Runge weiter: »Neben der Sprache sind es die Vorgehensweisen von Chemikern und Ingenieuren, die angepasst werden müssen. Um die Dauerhaltbarkeit und Reichweiten von Batterien zuverlässig voraussagen zu können, fehlen z.B. Wöhlerkurven für Batterietechnologien.«

Für Runge ist also klar, dass eine enge Zusammenarbeit entscheidend ist, aber nicht nur in der Berufswelt, sondern hier müsse viel früher angesetzt werden: »Interdisziplinäres Teamwork sollte an den Universitäten Pflicht werden.« Er mahnt aber außerdem an, dass der gesamte Prozess betrachtet werden sollte, von der Entwicklung über die Spezifikation bis zur Realisierung und Erprobung. »Wenn die Prioritäten jeweils nur im eigenen Zuständigkeitsbereich bleiben und nicht über den Tellerrand geschaut wird, hat das „Große Ganze“ konsequenterweise das Nachsehen«, so Runge weiter.

Die OEMs haben aber noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. So erklärt Ralf Milke, Hauptabteilungsleiter Elektrik-/Elektronik-Entwicklung; Karosserieelektronik und Bordnetz bei Volkswagen, dass die Entwicklung von Elektrofahrzeugen deshalb auch so problematisch sei, weil einerseits die Entwicklungszeiten kurz sind, andererseits der Innovationsgrad aber hoch ausfällt - und das bei gleichzeitig steigender Anzahl an Fahrzeugprojekten.

Der von Volkswagen favorisierte Ausweg aus diesem Dilemma besteht in einer Modularisierung. Ziel dieser Modularisierung ist es laut Milke, unterschiedliche funktionale Aspekte in Untereinheiten zu gliedern und zu standardisieren. Denn damit wird es möglich, Module in unterschiedlichen Fahrzeugprojekten mit deutlich verringerten Entwicklungs- und Erprobungsumfängen zu verwenden, wobei die Modularisierung nicht trivial ist, denn es ist gar nicht so einfach, die richtige Mischung aus fahrzeugspezifischen Anteilen und Grundmodulen zu finden, die in mehreren Fahrzeugprojekten eingesetzt werden können.

Aber der Aufwand lohnt sich, denn die Modularisierung von Hardware- und Softwarekomponenten böte nicht nur Volkswagen, sondern auch seinen Partnern Vorteile, und zwar auf unterschiedlichen Ebenen, so die Überzeugung von Milke:

  • Die Stückkosten einzelner Module lassen sich reduzieren, weil sie in höherem Volumen hergestellt werden.
  • Die Entwicklungsdauer wird verkürzt, da bestehende Module und deren Kombinationsmöglichkeiten verwendet werden.
  • Die Einmalaufwendungen bei der Grundentwicklung werden reduziert.
  • Die Variantenvielfalt wird reduziert.
  • Die Modulentwicklung wird von den Entwicklungszyklen der Fahrzeugprojekte entkoppelt.
  • Das Unternehmens-Know-how wird geschützt, die Entwicklung wird verteilt.

Ein konkretes Beispiel für eine Modularisierung sei die HV-Batterie, weil hier einfach noch am meisten zu tun sei. Diese Modularisierung würde zu Zell-Stacks führen, welche sich aus einer standardisierten Anzahl von Zellen und dem Überwachungsmodul (CMC) zusammensetzen. Die Zell-Stack und CMC bilden wiederum das Batteriemodul. Weitere Module bilden die »Battery Disconnect Unit« (BDU) und der »Battery Management Controller« (BMC). Die BDU vereinigt die Sicherung und die Hochvoltschütze zur Trennung des Hochvoltnetzes. Die Steuerung der Batterie erfolgt durch den „Battery Management Controller“. Aufgrund der hohen Aufgabenvielfalt des BMC sei die Modularisierung gleichermaßen für dessen Hard- und Software geeignet.


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