Flexible Planung von Gas-, Strom- und Wassernetzen

Optimierte Energietransportnetze dank Simulation

30. März 2012, 16:21 Uhr | Nicole Wörner

Forscher am Fraunhofer Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI haben eine Software entwickelt, mit der sich zukünftige Transportnetze für Elektrizität, Gas und Wasser (Smart Grids) anhand numerischer Simulationen schon bei der Planung analysieren und optimieren lassen.

Fast jeden Winter sorgen Nachrichten über reduzierte Gaslieferungen aus Sibirien nach Europa für Schlagzeilen. Sieht man von politischen Gründen für eine Verknappung einmal ab, ist der Betrieb von Pipelines in strengen Wintern eine echte Herausforderung. Denn kühlt das Gas in den Rohren zu stark ab, verflüssigt es sich und kann nicht mehr so schnell strömen. Um die Temperatur des Gases immer in einem bestimmten Bereich zu halten, bedarf es eines komplexen Systems aus Verdichtern, Vorwärmern, Kühlern und anderen Elementen. Die Netzbetreiber überwachen den Zustand ihrer Leitungen permanent und planen Reaktionen auf mögliche Temperatur- und Druckänderungen im Voraus.

Bei Betrieb und Planung solch komplexer Netze hilft die neue Simulationssoftware des Fraunhofer-Instituts für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI namens MYNTS (Multiphysical Network Simulation Framework), die gemeinsam mit der Gruppe um Mathematikprofessorin Dr. Caren Tischendorf von der Universität Köln entwickelt wurde. Das Programm modelliert die Transportnetze als System von Differentialgleichungen. So lassen sich die Netze durch numerische Simulation flexibel analysieren und besser planen. Vor allem zeigt sich bei der Simulation sofort, wie sich Änderungen verschiedener Faktoren auswirken. So kann mit MYNTS beispielsweise berechnet werden, wie Temperaturschwankungen die Durchflussmengen verändern und wie der Ausfall von Teilnetzen die übrigen Netzkomponenten beeinflusst.

Interessant ist die Software auch für Smart Grids, deren Ausbau die Bundesregierung in den nächsten Jahren fördert. Denn die intelligente Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln in Versorgungsnetzen zählen zu den größten wirtschaftlichen und umwelttechnischen Herausforderungen.

Ein Beispiel: Würde man Großabnehmer besser steuern und die Stromabgabe zeitlich anpassen, könnten Verbrauchsspitzen gekappt und der Verbrauch an elektrischer Energie dem Angebot angeglichen werden. Zu solchen Großabnehmern gehören etwa Wasserversorger. Eine Studie zeigt, dass in Industrieländern rund drei Prozent der insgesamt verbrauchten elektrischen Energie für die Wasserversorgung – insbesondere für Pumpen – verwendet wird. Eine durchdachte Steuerung der Netze hätte also großes wirtschaftliches Potenzial: Bereits kleine prozentuale Einsparungen leisten einen großen Beitrag zugunsten der Umwelt.

Den erfolgreichen Einsatz von MYNTS konnte das Team bereits in mehreren Forschungsprojekten unter Beweis stellen, nun starten die ersten Projekte. Derzeit laufen Verhandlungen mit Firmen verschiedener Branchen über eine Lizenzierung der Software.

Besucher der Hannover Messe können die Simulationssoftware auf dem Fraunhofer-Stand in Halle 7, Stand B10 sehen.


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