Kreislaufwirtschaft 2.0

Im Schrott liegt das Gold – und noch vieles mehr

27. Februar 2023, 16:35 Uhr | Ralf Higgelke
© Reco Ventures

Auch wenn sich viel bei der Reparierbarkeit von Elektrogeräten und strengere Vorschriften für Inverkehrbringer bewegt – im Jahr 2017 entstanden weltweit 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott, wovon nur 20 Prozent vorschriftsmäßig recycelt wurden. Das möchten zwei Startups ändern.

Kurze Lebensdauer, kaum reparierbar: Viele Elektrogeräte landen nach kurzer Zeit im Abfall. Doch der Fahrplan für den zukünftigen Umgang mit Elektroschrott ist im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft der EU verankert. Speziell Eisenmetalle sollen zu 80 Prozent wieder in den Kreislauf zurückfließen. Deponierung in der EU soll auf maximal zehn Prozent reduziert werden und durch die gesetzlichen Regelungen sind heute Hersteller und Händler dazu verpflichtet, öffentliche Sammelstellen für die Verbraucherinnen und Verbraucher zur Verfügung zu stellen. Die Rückgabe der Altgeräte ist kostenlos und für die korrekte Verwertung ist der Hersteller verantwortlich (Umweltbundesamt).

Um das Problem in Zukunft auch an der Wurzel anzupacken, hat sich eine Aktivistengruppe aus mehr als 20 verschiedenen europäischen Ländern zusammengeschlossen, um die Right to Repair-Kampagne zu starten. Produkte sollten so gestaltet werden, dass sie länger halten und auch einfach zu reparieren sind. In gewisser Maßen eine Gegeninitiative zur geplanten Obsoleszenz, der beabsichtigten Kurzlebigkeit von Produkten, um einen höheren wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen.

Wohin mit Millionen Tonnen Elektroschrott?

Doch was passiert mit den Schrottmengen, die sich bereits jetzt häufen und in den kommenden Jahren weiter wachsen werden? Eine Antwort darauf könnte das Münchner Startup Reco Ventures sein. Es betreibt Cradle2Cradle für Elektroschrott und schließt sich nun mit dem Startup Cyrkl und deren europaweiten Netzwerk zusammen, um seine hochwertigen Recyclingmaterialien in Umlauf zu bringen. 

2017 entstanden weltweit 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott und davon wurden nur 20 Prozent vorschriftsmäßig recycelt. Der Großteil des Elektro- und Elektronikschrotts besteht aus größeren Haushaltsgeräten wie Kühlschränke, Elektroherde oder Waschmaschinen. In China und den USA fällt mit 33 Prozent der größte Teil an Elektroschrott an. Die gebrauchten Elektrogeräte werden oftmals in Entwicklungsländer verschifft, wo sie entweder auf Deponien oder in Recycling-Firmen landen. Das hat vor allem zur Folge, dass durch die wachsenden Schrottmengen und die geringe Recyclingrate viele wertvolle Stoffe wie Metalle und Mineralien verloren gehen oder giftige Chemikalien in die Umwelt gelangen.

Cradle to Cradle – Ressourcen im Kreislauf

Das C2C-Prinzip (Cradle to Cradle) lässt sich ideal auf das Recycling von Elektroschrott übertragen. Von der Wiege zur Wiege, ein geschlossener Kreislauf der Ressourcen, von den Ausgangsstoffen zum Produkt und wieder zurück zu den Ausgangsstoffen. Diese Art, Rohstoffe zu behandeln, entfernt sich von der sonst üblichen verschwenderischen Sicht auf Materialien. Das Ziel ist nicht zu kreieren und anschließend zu zerstören, sondern zu kreieren und zu erhalten. 

Rudolf von Stokar, Vorstandsvorsitzender von Reco Ventures, betreibt nach eigener Aussage »Kreislaufwirtschaft 2.0«. Über Entsorgungsfirmen erhält der Fachbetrieb Computer, Laptops, Smartphones, alte Industriebatterien und metallische Industrieabfälle, aus denen sich bis zu 61 chemische Elemente extrahieren lassen. Das Unternehmen nimmt sich Zeit, die Geräte zu zerlegen und die Stoffe in einem Kaltverfahren vollständig und rückstandsfrei zu recyceln. Dabei entstehen hochreine Metallpulver aus Kupfer, Aluminium, Stahl, Gold, Eisen und mehr. Somit fließen die wertvollen, seltenen Ressourcen wieder zurück ins System und können von Unternehmen für die Produktion wiederverwendet werden.

»Stellen Sie sich vor, wir könnten irgendwann aufhören, neue Rohstoffe in Minen abzubauen«, so von Stokar,»weil wir aus dem Recycling immer genug Material für die Produktion neuer Produkte recyceln könnten! Das wäre ein geschlossener Kreislauf, eine Kreislaufwirtschaft von der Wiege zur Wiege, cradle2cradle.«

Reco Ventures will die Vorstellung eines geschlossenen Kreislaufs wieder ein Stück näher rücken. Als Startup-Unternehmen suchte nach einer Plattform zur Unterstützung im Vertrieb für ihre hochreinen Metallpulver und wurde bei Cyrkl fündig. Durch die Kooperation beider Startups kann Reco Ventures sein Netzwerk an Anbietern von Elektroschrott ausbauen und die Plattform gleichzeitig als Vertriebskanal für seine Metallpulver nutzen.

Cradle2Cradle und die Kreislaufwirtschaft lassen sich nicht allein umsetzen. Deshalb will Cyrkl als Plattform Treffpunkt für Recycler, Händler und Einkäufer in Europa werden. »Durch den geschaffenen Netzwerkeffekt bietet sich für alle Beteiligten eine größere Reichweite an Kunden, womit wir die Lücken des Abfallsystems in Europa schließen wollen«, ergänzt David Mattersdorfer, Country Manager bei Cyrkl.

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