Drehgeber mit integrierter Funktionskontrolle für Offshore-Windkraftanlagen

Heavy-Duty-Drehgeber trotzen dem Wind

1. Juni 2010, 16:43 Uhr | Nicole Wörner

In Offshore-Windkraftanlagen eingebaute Komponenten sind extremsten Bedingungen ausgesetzt. Entsprechend widerstandsfähig, wartungsfrei und ausfallsicher müssen sie sein. So auch der Drehgeber, das Herzstück einer solchen Anlage. Interessante Möglichkeiten erschließen zudem integrierte Diagnose-Systeme, mit deren Hilfe der Betreiber die Drehgeberfunktion jederzeit überwachen kann.

Bei Antriebsaufgaben unter solch schwierigen Umgebungsbedingungen wie sie Offshore-Windkraftanlagen mit sich bringen, ist die Wahl eines robusten Drehgebers erstes Gebot. Entsprechende Heavy-Duty-Ausführungen müssen eine ganze Reihe spezifischer Voraussetzungen erfüllen. Das betrifft sowohl ihre Elektronik als auch die Mechanik. Weil sie im Außeneinsatz unter wechselnden klimatischen Bedingungen arbeiten, müssen sie extreme Unterschiede bei der Arbeitstemperatur und Feuchtigkeit verkraften, und selbst Gewitter dürfen die Funktion nicht beeinträchtigen. Zudem müssen sie schock- und vibrationsfest sein.

Neben der Robustheit kommt es vor allem auf die Zuverlässigkeit der eingesetzten Komponenten an. Windkraftanlagen erhalten nach ihrer Zulassung eine Betriebsgenehmigung für 20 Jahre; je nach Hersteller sind geplante Wartungsmaßnahmen dann innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach der Inbetriebnahme vorgesehen. Treten früher Schäden auf, bedeutet das nicht nur unplanmäßigen Stillstand und Leistungsausfall, sondern auch erhebliche Kosten für Reparaturen und Austausch einzelner Bauteile.

Für diese Anwendungen hat Baumer Hübner die inkrementalen Drehgeber HOG 9 und HOG 10 entwickelt. Sie zeichnen sich u.a. durch ein massives Aluminiumgehäuse mit speziellem Oberflächenschutz aus sowie durch die zweiseitige Lagerung der Hohlwelle, die optimalen Schutz bei axialen und radialen Kräften von außen bietet. Die zusätzliche elektrische Isolierung der Kugellager verhindert Schäden an den Kugeln und den Laufflächen, die durch Wellenströme verursacht werden können. Weitere Features der Heavy-Duty-Drehgeber sind die Abtastung der Inkrementalscheibe mit Opto-ASICs, eine EMV-geschützte, schock- und vibrationsfest eingebaute Elektronik, kurzschlussfeste temperaturüberwachte Leitungstreiber, besondere Filterschaltungen für die Versorgungsspannung sowie der große, um 180° drehbare, EMV-gerechte Klemmenkasten. Labyrinth-Dichtungen gegen Staub bzw. Spezial-Dichtungssysteme bei Einsatz in Seeluft stellen sicher, dass weder Feuchtigkeit noch Staub in den Drehgeber eindringt. Die zulässigen Umgebungstemperaturen liegen zwischen -40 und +100 °C.

Bei Windkraftanlagen, die bei fehlender Last oder einer defekten Pitch-Control vor zu hohen Leerlaufdrehzahlen geschützt werden müssen, kann man die Geber außerdem mit einem zusätzlichen Gerät, z.B. einem Fliehkraftschalter (FSL), kombinieren, der direkt auf dem zweiten Wellenende montiert wird. Dieser rein mechanisch nach dem Fliehkraftprinzip arbeitende Schalter löst bei Erreichen einer eingestellten Grenzdrehzahl einen Schaltvorgang und damit eine Sicherheitsfunktion aus, wie z.B. das Einfallen einer Bremse. Auch andere Kombinationen sind möglich, zum Beispiel ein Doppelsystem mit zwei gleichen auf einer Welle gelagerten Drehgebern für Redundanz oder eine Kombination aus Tacho und Drehgeber.

Integrierte Funktionsüberwachung

Zwar sind die Heavy-Duty-Drehgeber darauf ausgelegt, dass sie unter widrigsten Bedingungen zuverlässig funktionieren, dennoch gibt es Anwendungen, bei denen Vertrauen auf die Technik allein nicht ausreicht. Daher hat Baumer in die Drehgeber HOG 9.2 und HOG 10.2, die mechanisch identisch zu den Baureihen HOG 9 und HOG 10 sind, eine Funktionsüberwachung integriert. Das so genannte »Enhanced Monitoring System« (EMS) basiert auf einem schnellen Mikroprozessor, der kontinuierlich sämtliche Drehgeberfunktionen über den kompletten Drehzahlbereich überwacht. Eventuelle Funktionsstörungen lassen sich somit schnell und einfach ermitteln. Über einen zusätzlichen Alarmausgang erhält die Steuerung eine Meldung über eine festgestellte Funktionsstörung. Die Betriebszustände werden zudem direkt am Drehgeber über eine LED angezeigt. Grünes Licht signalisiert die einwandfreie Funktion, rotes Blinken warnt bei Strich-, Nullimpuls- oder Signalfolgefehler, rotes Dauerlicht erscheint bei einer Überlastung der Ausgangstreiber. Bleibt die LED dunkel, ist entweder die Versorgungsspannung ausgefallen oder der Drehgeber falsch angeschlossen.

Ausgangstreiber mit Power

Weil herkömmliche Geber bei großen Kabellängen und hohen Ausgabefrequenzen (hohe Drehzahl) oft Schwierigkeiten haben, ein brauchbares HTL-Signal zu übermitteln oder dann sogar abschalten, hat Baumer bei den neuen Inkremental-Drehgebern die Ausgangstreiber optimiert. Dadurch lassen sich die Inkrementalsignale mit HTL-Pegel auch über weite Strecken selbst bei hoher Frequenz sicher übermitteln. Entfernungen von über 300 Metern bei 100 kHz und Gebertemperaturen von 100 °C sind nach Herstellerangaben kein Problem. Bei Windkraftanlagen könnte sich somit der am Geber angeschossene Umrichter sowohl auf dem Turm als auch am Boden befinden.


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