Oliver-Wyman-Studie zum globalen Windenergiemarkt

Windkraftbranche wächst erst ab 2015 wieder dynamisch

13. April 2012, 9:31 Uhr | Carola Tesche
Nach rasantem Wachstum bis 2009 stagnierte der weltweite Markt für Windkraftanlagen. Nur Asien zeigte kräftiges Wachstum
© Oliver Wyman - GWEC (“Global Wind Report” 2005-2011), Oliver Wyman-Analyse

Laut der globalen Oliver-Wyman-Studie »Wind 2020: The Growth Imperative« wird der Weltmarkt nach dem rasanten Wachstum bis 2009 und der nachfolgenden Stagnation auch in den kommenden Jahren nur moderat zulegen.

Demnach sind Überkapazitäten und massiver Preisdruck Folgen, die in der zunehmend reifer werdenden Branche eine Konsolidierungswelle auslösen. Für alle Hersteller von Windkraftanlagen heißt es schnell handeln. M&A (Mergers & Acquisitions), also Wettbewerber kaufen und den Marktanteil ausbauen, sind die zentralen Themen. Wer nicht als Käufer agieren kann, muss sich pro-aktiv Partner suchen, um am Markt bleiben zu können.

Der weltweite Windenergiemarkt von 2005 bis 2009 hat sich mit explosionsartigen Steigerungsraten bei neu installierter Windkraftkapazität ausgezeichnet. Steigerungsraten von durchschnittlich 35 Prozent pro Jahr, führten einer Zunahme von 11,5 GW auf rund 38,3 GW. Das hat sich jedoch geändert. Im Windschatten der Finanzkrise rutschte die Branche in die Stagnation. So stieg zwischen 2009 und 2011 die neu installierte Leistung im Schnitt jährlich nur um 3,9 Prozent auf 41,2 GW. Einzig Asien zeigte in diesem Zeitraum mit einem durchschnittlichen Plus von jährlich 17,4 Prozent kräftiges Wachstum – dabei tat sich vor allem China hervor. Chinesische Windkraftanlagenhersteller gehörten 2011 in puncto neu installierte Windkraftkapazität zu den Wachstums-Champions, bei einigen europäischen OEMs schrumpfte diese dagegen.

Darüber hinaus, so zeigt die aktuelle Studie, machen den internationalen OEMs enorme Überkapazitäten von 25 bis 40 Prozent zu schaffen, die einen massiven Preisdruck ausgelöst haben. Seit 2009 befinden sich die Preise im freien Fall – bis heute gingen sie um rund 25 Prozent zurück. In der Folge ist die Profitabilität bei westlichen Herstellern von Windkraftanlagen drastisch gesunken. Im Schnitt beliefen sich die EBIT-Margen 2011 auf lediglich 1,4 Prozent – nach 4,4 Prozent im Jahr 2010. Einige OEMs verzeichneten gar ein negatives EBIT. »Dynamisches Marktwachstum ist vorerst nicht in Sicht. Erst ab 2015 ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen«, sagt Wolfgang Krenz von Oliver Wyman.

Preisindex für Windkraftanlagen
Die Preise für Windkraftanlagen sind seit 2009 um rund ein Viertel gefallen
© Oliver Wyman - Quellen: Bloomberg New Energy Finance, Bloomberg Equities Research, Citigroup Global Markets, Windpower Monthly, Oliver Wyman-Analyse

Enorme Herausforderungen

Damit stehe die gesamte Windkraftbranche vor ganz neuen Herausforderungen. Organisches Wachstum sei im dominierenden Onshore-Segment künftig nur schwer zu realisieren. Im Neugeschäft müssen sich die OEMs in den nächsten drei Jahren auf weiterhin niedrige Profitmargen einstellen. Konsequentes Kostenmanagement und Produktkostensenkung bleiben zentrale Aufgaben. Wachstumsakzente ließen sich vor allem im Servicegeschäft setzen.

Tatsächlich seien viele internationale Anlagenhersteller im Bereich Wartung und Reparatur bei der Verteidigung ihrer Marktanteile bislang erfolgreicher als erwartet. Allerdings ist heute noch nicht absehbar, ob die vermehrt abgeschlossenen langfristigen Serviceverträge auf Dauer profitabel sind. Der Offshore-Markt bietet zwar hohe prozentuale Wachstumsraten, macht aber heute erst drei Prozent der neu installierten Leistung aus. In absoluten Gigawatt-Zahlen bleibt der Zubau im Onshore-Bereich bis 2020 jedoch größer und wird dann noch über 80 Prozent des Gesamtmarkts ausmachen. Chinesische Wettbewerber bewegen sich zukünftig nicht wie bislang ausschließlich in ihrem Heimatmarkt. Ihr Eintritt in internationale Märkte mit technologisch vergleichbaren, aber günstigeren Produkten, erhöht zusätzlich den Wettbewerbsdruck.

Profitabilität ausgewählter internationaler Windkraftanlagenhersteller
Die international tätigen OEMs leiden unter massivem Ergebnisdruck
© Oliver Wyman

Zwang zur Größe

Der Studie zufolge ist Größe das Erfolgsrezept der Zukunft. Die Gründe hierfür sind in der stark fragmentierten Branche vielschichtig. Hersteller von Windkraftanlagen sind gezwungen, erheblich mehr Kostenvorteile aus Skaleneffekten zu ziehen. Immer größere, professionellere Kunden und Windparkbetreiber setzen verstärkt auf große OEMs. Die Projekte werden größer und umfangreicher, vor allem getrieben durch das wachsende Offshore-Segment. Analog zum traditionellen Energieanlagenbau steigen die Ansprüche der Kunden an Generalunternehmerschaft und komplementäre Leistungsangebote. Dadurch entstehen größere Einzelrisiken. Diese können größere, finanzstarke Player – auch durch ein professionelleres Risikomanagement – besser abfedern.

Größe und Finanzkraft erleichtern darüber hinaus den Zugang zu Projektfinanzierungen, die immer noch schwierig sind. Zudem sind deutlich erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) notwendig, insbesondere im Offshore-Bereich, in dem asiatische Player derzeit geballt neue Windkraftanlagen entwickeln. Nur Größe sichert eine entsprechende Amortisation der F&E-Investitionen.

Internationale OEMs müssen einen Marktanteil von deutlich mehr als zehn Prozent haben, um im globalen Wettbewerb auch künftig mithalten zu können. Mit 12,7 Prozent liegt derzeit nur Branchenprimus Vestas über dieser Marke, der aber in den letzten Jahren bereits erheblich Marktanteil verloren hat. Der Zwang zur Größe heizt den M&A-Markt in den kommenden Jahren massiv an. Die klassischen großen Kraftwerks- und Anlagenbauer werden sich verstärkt in den Windmarkt einkaufen und im Offshore-Segment, das zumindest in Europa in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen wird, mit ihrem breiten Leistungsangebot das Rennen machen. Chinesische Hersteller von Windkraftanlangen akquirieren zukünftig zunehmend internationale Wettbewerber. Entsprechend müssen sich westliche Player jetzt schnell bewegen, um Größenvorteile zu erzielen und bis 2020 auf der Gewinnerseite zu stehen.

Der Markt wird jetzt verteilt

Wer nicht selbst akquirieren kann, sollte nicht um jeden Preis auf die Beibehaltung der Eigenständigkeit setzen und damit eine weitere Erosion des Unternehmenswerts riskieren. Vielmehr gilt es, sich pro-aktiv einen Partner zu suchen, um unter dessen Dach am Markt agieren zu können. Dafür heißt es nachhaltig zu restrukturieren und sich für mögliche Partner attraktiv zu machen. »Die Zeit drängt, der Markt wird jetzt verteilt«, sagt Krenz. »Windkraft ist eine gute Technologie. Sie ist wettbewerbsfähiger und attraktiver als alle anderen im Bereich der erneuerbaren Energien. Doch die gegenwärtigen Probleme im Windmarkt verschwinden nicht von alleine. Die OEMs müssen schnell und gezielt handeln.«


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Oliver Wyman Consulting GmbH

Weitere Artikel zu Energieerzeugung