Conditio sine qua non

Europa braucht eine Batteriezellen-Fertigung

26. Oktober 2018, 9:13 Uhr | Hagen Lang
Dr. Yoshinos Arbeitgeber Asahi Kasei entwickelt sich derweil zu einem Multi-Technologie-Anbieter für den Automotive-Bereich, wie das Unternehmen mit seinem Concept-Car AKXY jetzt unter Beweis stellt.
© Asahi Kasei

Dr. Akira Yoshino, Vater der Lithium-Ionen-Batterie, Träger des Japan-Preises 2018 und Fellow des japanischen Technologiekonzerns Asahi Kasei, erklärt die Historie der Lithium-Ionen-Batterien (LIB)...

… und wie sich Technologie und Anwendungen weiterentwickeln und warum Europa eine Batteriezellen-Fertigung braucht.

Wie kam es zur Entwicklung der Akkumulatoren, die man heute als Lithium-Ionen-Batterien (LIB) bezeichnet?

Dr. Akira Yoshino: Das Buzzword in den frühen 1980er-Jahren war „portabel“. Es gab viel Forschung im Bereich der tragbaren Elektronik. Man suchte kleine und leichte Batterien mit hoher Energiedichte und Wiederaufladbarkeit. Welche Materialien für solche Akkumulatoren nötig waren, war unklar.

Man verwendete in wiederaufladbaren Batterien zunächst Wasser als Lösungsmittel für den Elektrolyten, das aber bei höheren Spannungen elektrolytisch gespalten wird. Mit einem organischen Lösungsmittel als Elektrolyt, Kohlenstoff für die negative und Lithium-Cobaltoxid für die positive Elektrode, hatten wir Erfolg. Die LIB hat eine ganze Reihe technischer Geräte, ohne die wir heute nicht mehr auskommen könnten, ermöglicht.

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Dr. Akira Yoshino, Asahi Kasei: »Nickelhaltige Oxide gehören zu den vielversprechendsten Kathodenkandidaten für Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation mit hoher Energiedichte.«
© Asahi Kasei

Warum haben Sie Ihre Forschung auf kohlenstoffhaltige Materialien gelenkt?

Ich hatte 1983 eine Lithium-Ionen-Batterie mit Polyacetylen in der Anode und Lithium-Cobaltoxid in der Kathode konstruiert. Damit konnte das Gewicht der Batterie auf ein Drittel reduziert werden. Die Größe war allerdings immer noch so wie bei einer Nickel-Cadmium-Batterie. Es hat sich herausgestellt, dass der Grund dafür das geringe spezifische Gewicht von Polyacetylen (1,2) war. Ein kleineres und leichteres Design kann bei einem spezifischen Materialgewicht von über 2 erreicht werden. Carbon ist ein Material mit ähnlichen Eigenschaften wie Polyacetylen, aber einem spezifischen Gewicht über 2.

Wie fanden Sie heraus, dass bestimmte kristalline Strukturen einen positiven Effekt auf die Anoden-Funktion kohlenstoffhaltiger Materialien haben?

Das neue Carbon-Material VGCF (Vapor Grown Carbon Fiber) mit einer sehr besonderen kristallinen Struktur wurde in einem anderen Labor von Asahi Kasei erforscht.

Das Kostensenkungs- und Optimierungspotenzial bei LIB

Für neue Märkte müssen die Energiedichte von LIB noch verbessert und die Kosten gesenkt werden. Wo sehen Sie hier in naher Zukunft technologisch das größte Verbesserungspotenzial?

Das größte Potenzial sehe ich, abgesehen von der Verbesserung bei den Elektrolyten, bei der Zusammensetzung der Kathoden. Nickelhaltige Oxide gehören zu den vielversprechendsten Kathodenkandidaten für Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation mit hoher Energiedichte. Sie haben eine hohe reversible Kapazität, eine hohe Energiedichte und niedrige Kosten. Es gibt momentan auch noch einige Nachteile wie die schlechte Zyklierbarkeit und thermischer Instabilität, aber ich denke, dass diese Probleme beseitigt werden.

Durch Nickel als Kathodenmaterial könnten auch die Kosten weiter sinken?

Ja, da sehe ich großes Potenzial, weil der teuerste Teil der LIB die Kathode ist. Wenn hier mehr Nickel zum Einsatz kommen würde, würden die Kosten weiter sinken.

Gibt es weitere Bedingungen, die für eine Kostensenkung erfüllt sein müssen?

Ein wichtiger Punkt ist, dass große Lithium-Ionen-Batterien für Automobilanwendungen die technische Reife von kleinen LIBs für Mobilfunkanwendungen erreichen.

Das wäre ja eine Voraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität, aber die Reichweite von Elektro-Autos ist noch ein Knackpunkt.

Die Energiedichte der Batterien für Automobile ist noch nicht so hoch wie die Energiedichte der Batterien für mobile Anwendungen, aber ich glaube, dass wir uns dorthin bewegen werden. Wenn wir die Historie des Nissan Leaf als Mittelklasse-Elektromobil betrachten, so hatte dieser zunächst 200 km Reichweite, das 2017er-Modell 400 km Reichweite. In den nächsten drei Jahren könnten 500 km Reichweite Standard werden. Auch für höhere Reichweiten gibt es Potenzial, aber über den technologisch besten Weg dorthin besteht noch Unklarheit.


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