Infrastrukturnutzung

Biomethan, die Speicherlösung für EE-Strom?

13. Mai 2014, 11:17 Uhr | Hagen Lang
Elektrolytisch gewonnenes Gas macht EE-Strom langfristig speicherfähig.
© Andrei Merkulov - Fotolia.com

Die russisch-ukrainische Konfrontation rückt die Abhängigkeit Deutschlands von Energie-Importen ins Bewusstsein. Bei der Suche nach heimischen Energiespeichern für Strom aus erneuerbaren Energien fällt der Blick auch auf das heimische Gasleitungsnetz. Stellt es eine realistische Option dar?

Neben Batterien, Wärmespeichern, Pumpspeichern, Lageenergiespeichern und Untergrundspeichern wird das heimische Gasversorgungsnetz immer öfter ins Spiel gebracht, wenn es um die Frage geht, wie und wo für volatile regenerative Energien Speicher zur Verfügung stehen. Der erklärte politische Wille aller Parteien zementiert den Ausbau der erneuerbaren Energien und die mit ihm verbundenen volatilen Stromeinspeisungen; ferner macht die Krise zwischen dem Gas-Transitland Ukraine und Russland die gefährliche Abhängigkeit der deutschen Volkswirtschaft von Energie-Importen deutlich. Die Schaffung von Energiespeichern nennenswerter Kapazität wird angesichts dieser Entwicklungen dringlich.

Volkswirtschaftlich fällt auch die Energie-Importrechnung ins Gewicht. 2012 wurden 95,8 Milliarden Euro für importierte Ölprodukte, Erdgas und Steinkohle aufgewendet. Die Energierechnung war damit 2012 doppelt so hoch wie im Jahr 2000 – trotz aller Sparbemühungen. Dagegen war der Netto-Elektrizitätsexport im Wert von 1,4 Milliarden Euro 2012 vernachlässigenswert. Obwohl der Primärenergieverbrauch 2012 10 Prozent unter dem des Wiedervereinigungsjahres 1990 lag, ist die nationale Energie-Importrechnung von durchschnittlich 3 Prozent des Bruttosozialproduktes in den Jahren 2000 bis 2010 Jahr auf 3,6 Prozent im Jahr 2012 gestiegen.

Wenn, wie geplant, bis 2050 der Strom in Deutschland fast ausschließlich aus regenerativen Energien stammt, braucht Deutschland Speicherkapazitäten in Höhe von minimal 40 TWhel, hat das Fraunhofer IWES-Institut errechnet. Dem stehen heute tatsächlich Pumpspeicher- und Batterie-Kapazitäten in Höhe von nicht einmal 0,1 TWhel gegenüber. Selbst eine komplett elektromobile Gesellschaft hätte bei 45 Millionen Elektromobilen mit je 10 kWhel Batteriespeicher-Kapazität nur 0,45 TWhel Potential zur Verfügung, ausreichend für ganze sechs Betriebsstunden des »Standortes Deutschland«. Demgegenüber verfügt das Gasnetz Deutschlands über eine Kapazität von 220 TWhth bzw. 110 TWhel, was immerhin dem durchschnittlichen Strombedarf Deutschlands von zwei Monaten entspricht.

Wind- und Solarstrom speicherfähig machen

Bei der Nutzung regenerativ gewonnenen Stromes zur Erzeugung von Wasserstoff durch die Wasserstoffelektrolyse wird Wind- und Solar-Strom in eine speicherfähige Form übergeführt. Die korrosive Wirkung des Wasserstoffes auf das Gasleitungsnetz erlaubt lediglich eine fünf- bzw. zehnprozentige Zugabe zum gespeicherten Erdgas. Diese Zugabe entspricht einem Potential von 1,8 TWhel bzw. 3,6 TWhel, dem Strombedarf Deutschlands für einen bzw. zwei Tage. Eine anschließende Methanisierung des Wasserstoffs senkt zwar den Gesamtwirkungsgrad der regenerativen Energieerzeugungskette. Nach seiner Methanisierung kann der ehemalige Wasserstoff als »Biomethan« nun aber bedenkenlos in die Erdgasinfrastruktur eingespeist, gespeichert und für alle Nutzungsarten verwandt werden: Er kann rückverstromt, für den Mobilitätssektor oder den Wärmemarkt genutzt werden. Den zusätzlichen Kosten für die Methanisierung stehen die entfallenen Kosten für den Aufbau einer eigenen Wasserstoffspeicher-Infrastruktur oder die Ertüchtigung des bestehenden Gasversorgungsnetzes gegenüber. Die halbe Million Kilometer Gasleitungen Deutschlands transportiert das Gas nicht nur zu den Kunden, sondern ist selbst der derzeit bedeutendste Energiespeicher.

Wie ist es nun um den Wirkungsgrad der Methanisierung von Strom aus erneuerbaren Energien (EE-Strom) bestellt? Anlässlich der 1. Energiespeichertagung des Umwelt-Campus Birkenfeld rechnete Gerrit Volk, Referatsleiter »Zugang zu den Gasverteilnetzen, technische Grundsatzfragen, Versorgungssicherheit« bei der Bundesnetzagentur 2013 vor, dass bei der Wasserstoffgewinnung mittels Elektrolyse Wirkungsgrade von 80 Prozent realistisch sind; bei der Umwandlung des Wasserstoffes zu Methan verringert sich der Wirkungsgrad auf 60 Prozent, wobei heute zumeist erst 40 Prozent erreicht werden. Ein kompletter Umwandlungszyklus von EE-Strom zu Biomethan, das wiederum verstromt wird, senkt den Wirkungsgrad auf 36 Prozent. So schlecht dieser Wirkungsgrad zunächst erscheint, so muss er doch gerechterweise der völligen Abregelung von EE-Anlagen in Zeiten von Wind- und Solareinstrahlungs-Spitzen gegenübergestellt werden. Stillstehende Windräder und abgeregelte Solaranlagen haben einen Wirkungsgrad von 0 Prozent.

 


  1. Biomethan, die Speicherlösung für EE-Strom?
  2. Überangebot an EE-Strom sinnvoll nutzen

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