Leserkommentar zu Energiepreisen und neuen Techniken

»Ohne staatliche Absicherung neuer Techniken funktioniert´s nicht«

8. Februar 2011, 14:37 Uhr | Heinz Arnold
Hier kommt es vor allem auf den Hintergrund an...

Ohne staatliche Abstützung sind neue Technologien zum Scheitern verurteilt, weil auf Profit orientierte Unternehmen Durststrecken nicht überbrücken können – dies ist die These unseres Lesers Herbert Graf aus der Schweiz, der dazu eine hübsche Geschichte aus seinem Heimatland zu erzählen weiß.

Wie wird sich der Strompreis entwickeln? Vor ca. fünfzehn Jahren wussten das alle Wirtschaftsklempner ganz genau: »Wenn wir die Werke liberalisieren, endlich aus dem kommunalen Korsett befreien, werden alle von sinkenden Strompreisen profitieren.«

Eingetroffen ist das Gegenteil. Warum? Weil in den kommunalen Werken, geführt von beamteten Angestellten, keiner ein Interesse daran hatte, eine fettere Marge einzustreichen. Warum? Weil er davon persönlich nichts hatte. Warum also das ruhig dahin gleitende Verwaltungsleben unnötiger Unruhe aussetzen? Ich habe nie einen real existierenden Menschen angetroffen, der sich unaufgefordert über den Strompreis enerviert hätte.

Aus Privatbesitz ans städtische E-Werk

Wer vorgibt zu wissen, wohin sich die Preise entwickeln werden, ist entweder naiv oder Verkäufer in eigener Sache. Dazu das beigefügte Bild - und damit ein Blick in die Vergangenheit:

Die im Hintergrund sichtbare Anlage ist ein Generatorblock eines 1898 gebauten Flusskraftwerks in Zürich. Gebaut von einem Industriellen, auf seinem eigenen Areal, der für seine Produktion Strom benötigte. Das städtische Elektrizitätswerk (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich - EWZ) übernahm die Anlage später. Warum? Weil es sich nicht rentierte. Der Eigner war also nicht mehr in der Lage bzw. nicht willens, erforderliche Anpassungen und Erweiterungen zu finanzieren, weil sie sich nicht mehr rechneten.

Das EWZ hingegen ist seit Jahrzehnten die liquideste Bank Zürichs. Mit eigenen Stauseen/Kraftwerken in Graubünden, die weitestgehend amortisiert sind, macht sie hartes Geld –  aus Wasser. Und warum gibt es diesen hochrentablen Geldhersteller, wenn doch Private als Stromproduzenten immer wieder scheiterten?

Weil diese Geldfabrik immer kommunal breit abgestützt war und damit unrentable Zeiten ohne Sorgenfalten überbrücken konnte, während derer beispielsweise in den Bau von Stauseen und Kraftwerken viel mehr investiert werden musste, als am Ende des Jahres herausschaute.

Tafelsilber behalten oder….

Sie jetzt zu privatisieren um das angesparte Tafelsilber einschmelzen zu können, wäre mehr als dumm. Gott sei dank muss über solche Heldentaten bei uns abgestimmt werden. Eine solche Abstimmung ging vor knapp zehn Jahren in Zürich über die Bühne. Wer drängte denn aufs Liberalisieren? Die beamteten Mitglieder der Geschäftsleitung, natürlich, um sich endlich die Gehälter zuschaufeln zu können, die sie zu verdienen glaubten. Und wer bestimmte den glücklichen Ausgang der Abstimmung - mit überwältigender Mehrheit, notabene? Das Fußvolk, das sich keine CEO-Gehälter aus liberalisierten Kraftwerken zusprechen kann.


…dicht machen und ab in die Büsche mit dem Silber!

Mit Blick auf die aktuell brennenden Fragen Windenergie, Solarenergie, Elektromobilität kann man eine Generalantwort aus dem oben gesagten ableiten: Ohne staatliche Abstützung geht es nicht. (Ohne staatliche Abstützung durch die japanische Regierung gäbe es den in Europa erfundenen LCD-Bildschirm nicht und auch nicht die schon ordentlich guten Lipo-Akkus).

Ohne staatliche Abstützung, d.h. ohne gesicherte Minimalrenditen,  sind neue Technologien zum Scheitern verurteilt, denn es reicht eine kurze, extreme Durststrecke - verursacht z.B. durch ein kurzfristiges Überangebot auf dem Energiemarkt oder sonstige tektonische Erschütterung der Märkte wie wir sie vor zwei Jahren erlebten.

Was macht der profitorientierte Unternehmer, die berüchtigte Heuschrecke, in einem solchen Moment? Den Laden dicht. Logisch.  Rascheste Eliminierung der Lohnkosten und ab in die Büsche mit dem Silber.


  1. »Ohne staatliche Absicherung neuer Techniken funktioniert´s nicht«
  2. Technologisch an der Spitze sein, lohnt sich immer

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