Stromversorgung:

VDE fordert intelligente Stromnetze

18. Mai 2010, 15:44 Uhr | Harry Schubert
© GE Energy

In seiner Analyse „Smart Energy 2020: Vom Smart Metering zum Smart Grid“ zeigt der VDE Chancen und Wege, Potentiale und Konsequenzen der IT-Aufrüstung der Stromnetze auf und fordert: weg von den heute üblichen Stromnetzen.

Steigt der Anteil dezentral eingespeister elektrischer Energie auf ca. 25 Prozent, ist der Betrieb des Stromnetzes von Schwierigkeiten geprägt. Intelligente Elektrizitätszähler -- auch smart meter genannt -- können dazu beitragen, ein solches Netz dennoch kontrolliert zu führen und gleichzeitig 5 bis 10 Prozent Energie einzusparen. Die intelligenten Elektrizitätszähler sind der erste Schritt. Die Schlussfolgerung der VDE-Analyse „Smart Energy 2020: Vom Smart Metering zum Smart Grid“ lautet deshalb auch: „Insofern stellt sich nicht die Frage, ob wir Smart Metering einführen müssen, sondern nur die Frage, wie, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum dieses geschehen muss“.

Energie bewusst nutzen hilft Energie sparen

Weltweit gilt Smart Metering, d.h. Fernablesung und Lastmanagement mittels „intelligenter“ elektronischer Elektritizätszähler im Haushalt, als wichtige Voraussetzung für mehr Energieeffizienz. Denn durch die stetige Zunahme von dezentral einspeisenden, erneuerbaren Energiequellen -- die außerdem erheblich fluktuierend Energie in die Verteilnetze einspeisen -- wird die Regelung und der Netzbetrieb erschwert. Es gibt sogar Zeitspannen, in denen die angebotene regenerative Energie die Gesamtlast im Netz übersteigt, was zu negativen Strompreisen an der Energiebörse führt.

Bis 2020 ist laut EU die Ausstattung von 80 Prozent der Haushalte mit „intelligenten Zählern“ vorgesehen. Dieser erste Schritt bringt jedoch erhebliche rechtliche, technische und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Um die Verbraucher an der Lastregelung zu beteiligen, müssen die Gebäude mit dem „Smart Grid“ kommunizieren können. Dem Smart Meter fällt hierbei als Gateway sowohl zur Hausautomatisierung als auch zum Netz eine Schlüsselrolle zu. Das häusliche Energiemanagement könnte z.B. Energie abrufen wenn im Netz ein Überangebot herscht. Der gezielte Betrieb von verbrauchsintensiven Haushaltsgeräten wie z.B. Waschmaschine oder Wäschetrockner könnte so dazu beitragen Spitzen im Netz aufzufangen. Die Akkus von Elektrofahrzeugen könnten als Kurzzeitspeicher dienen, die einerseits überschüssige Energie schnell aufnehmen und andererseits Lastspitzen ebenso schnell ausgleichen. In jedem Fall stärkt Smart Metering laut VDE-Analyse die Stellung des Endverbrauchers. Er erhält Zugriff auf seine aktuellen Messdaten und Kosten und kann auf dieser Grundlage seine Energieaufnahme steuern, um so Geld zu sparen.

 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Aus dem alten Ferraris-Elektrizitätszähler wird ein „Home Energy Manager“, der die Stromaufnahme der im Haus angeschlossenen Geräte steuern kann.
© GE Energy

Noch mangelt es an Gesetzen und Standards

Um die Versorgungssicherheit, Klimaverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit in der Stromversorgung zu gewährleisten, sind nach der VDE-Analyse umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen und geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. So werden die gesetzlichen Regelungen als  veraltet eingestuft, da sie die aktuelle technische Entwicklung nur unzureichend berücksichtigen und bisher noch zu wenig Impulse für einen flächendeckenden Einsatz von Smart Metering geben. Der VDE empfiehlt klare rechtliche Regeln für die Interaktion im Markt zu setzen -- auch im Hinblick auf eine effiziente und sichere Datenverarbeitung -- und den Wettbewerb auf die Datenebene auszuweiten. Ein „Meter Operator“ sollte Messdaten diskriminierungsfrei allen berechtigten Marktteilnehmern zur Verfügung stellen können, damit die Daten frei „fließen“ und kein Zählertausch nötig wird, wenn ein Kunde seinen Versorger wechselt.

Auf Netzebene empfiehlt der VDE in seiner Analyse, den Ausbau von Speichern für regenerative Überschussenergie voranzutreiben. Speichertechniken sowie Elektrofahrzeuge gelte es forciert weiterzuentwickeln. Auch im Bereich technischer Standards besteht noch Handlungsbedarf. Es fehlen einheitliche Mess- und Kommunikationsstandards, um die Interoperabilität innerhalb eines Systems sicherzustellen. Das EU-Mandat M/441 hat zwar die Aufgabe die Protokolle zu standardisieren. Doch noch ist kein Standardprotokoll definiert. Dies führt zu einer weiteren Verzögerung bei der Einführung von Smart-Metering-Systemen. Um die internationale Normung auf dem Gebiet der intelligenten Stromnetze voranzutreiben und alle nationalen Aktivitäten zu bündeln, hat die DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE bereits im vergangenen Jahr die Arbeitsgruppe „Smart Grid“ gegründet.

Wirtschaftlich gesehen sieht der VDE beim Thema Smart Metering Licht und Schatten dicht beieinander -- je nach volks- oder betriebswirtschaftlicher Perspektive. Denn derzeit können die Netzbetreiber ihre Investitionskosten, mangels Investitionssicherheit, nicht langfristig umlegen. Die jetzt ins Auge gefasste Technik ist mit ihrer Funktionsvielfalt zwar viel leistungsfähiger aber eben auch viel teurer, so dass eine Einführung von Smart Metern seitens der Energieversorgungsunternehmen momentan noch nicht attraktiv genug erscheint. Die gesamtwirtschaftlichen Perspektiven einer schnellen Einführung von Smart Metering und Smart Grids schätzt der VDE dagegen als sehr positiv ein. Ein schneller Start in Deutschland könnte der deutschen Industrie in diesem Bereich zu einer Führungsposition verhelfen. Die komplette Analyse „Smart Energy 2020: Vom Smart Metering zum Smart Grid“ kann beim VDE bestellt werden. VDE-Mitglieder erhalten sie kostenlos, Nicht-Mitglieder zum Preis von 250 Euro.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.

Weitere Artikel zu AC/DC-Wandler/Netzgeräte